Unterstützung beim Lernen

Hausaufgabenbetreuung für Kinder aus armen Familien
in Caransebes, Rumänien

Das Projekt Unterstützung beim Lernen für Kinder aus armen Familien im rumänischen Caransebeș fördert momentan fünfzehn Kinder aus sozial und wirtschaftlich benachteiligten Familien. Seit 2002 bietet es für die Kinder und Jugendlichen Hilfe bei den Hausaufgaben, täglich eine warme und eine Zwischen-Mahlzeit, regelmäßige Möglichkeit zur Körperpflege und saubere, intakte Kleidung.
Die pädgogische Betreuung der Kinder wird von einem Lehrerehepaar (Mietta und Cosmin Petruta-Iovanovici) und einer weiteren Lehrerin (Adriana Seitan) aus Caransebeș gewährleistet, die alle für eine Aufwandentschädigung von drei Euro pro Stunde arbeiten. Unterhalten wird das Projekt bisher ausschließlich durch private Geld- und Sachspenden.

2015 Bild2 klAlle Kinder und Jugendlichen stammen aus Familien, die nicht nur unterhalb der rumänischen Armutsgrenze leben (ein Euro pro Person/Tag), sondern auch mit sozialen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Ihre Eltern sind entweder Analphabeten oder können nur sehr wenig lesen und schreiben. Deshalb haben sie lediglich die Möglichkeit, als Tagelöhner unregelmäßig Geld zu verdienen. Die Familien leben in Baracken ohne Wasseranschluss, die eigentlich schon vor zehn Jahren abgerissen werden sollten.

Was passiert im Projekt?

Seit 2011 trifft sich die Hausaufgabengruppe im ehemaligen Kinderzentrum der ortsansässigen Franziskanerinnen. Dort kann die Gruppe einen großen Raum mit Dusche und Küche und den Garten mietfrei nutzen. Täglich treffen sich ca. 15 Schülerinnen und Schüler. Neben der Hausaufgabenbetreuung nehmen die Kinder und Jugendlichen an folgenden Angeboten teil:

  • gemeinsames Essen mit zivilisierten Tischmanieren und Vermittlung von Kenntnissen über gesunde Ernährung.

  • einmal pro Woche Möglichkeit zum Duschen und zum Wäschewechsel

  • Händewaschen und tägliches Zähneputzen, um die Grundlagen der Hygiene einzuüben

  • gemeinsames Spielen, Malen, Basteln und Sport treiben, um Kreativität zu fördern und soziales Verhalten zu üben 2015 Bild1 kl

  • Gruppengespräche zu aktuellen Themen, um eine Diskussionskultur kennenzulernen, die auch für die junge rumänische Demokratie eine Grundlage bildet

  • Vertiefungsunterricht in den Hauptfächern bei Fachlehrern für Schüler/innen der Klassen zehn bis zwölf zur Vorbereitung auf den Abschluss


Jedes Gruppenmitglied ist verantwortlich für Ordnung und Sauberkeit der Räume und der Umgebung. Die Mitarbeit ist durch einen Plan festgelegt. Außerdem organisieren die Betreuungspersonen Ausflüge in die Umgebung und jahreszeitliche Feste.
Die betreuenden Lehrer haben regelmäßigen Kontakt zu den Eltern und den Klassenlehrern. Sie begleiten die Kinder zum Augenarzt und Zahnarzt und unterstützen sie aus Projektmitteln bei der Finanzierung von Brillen und Medikamenten. In besonderen Notsituationen erhalten die Familien auch Lebensmittel oder andere notwendige Dinge wie Kinderwagen, Fahrräder, Geschirr, Bettwäsche, Kleidung usw. Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, können die Familien auch finanzielle Unterstützung bekommen, um Stromrechnungen oder Mietschulden zu begleichen.

Pro Kind oder Jugendlichem benötigt das Projekt etwa 40 Euro im Monat, um die Kosten für Essen und Schulmaterialien zu decken. Die zusätzliche Unterstützung für die Familien und die Aufwandsentschädigung der Betreuer/innen ist nicht darin enthalten.

Bis 2013 haben die Projektmitarbeiter/innen einmal jährlich in den Sommerferien eine Ferienfreizeit für die Kinder organisiert. In den letzten Jahren fanden diese Freizeiten immer in Brebu Nou in der Nähe von Caransebeș statt. In den Jahren 2014 und 15 reichte das knappe Budget nur noch für Tagesausflüge. Mit den Jugendlichen ist es auch aus Zeitgründen nicht mehr möglich, mehrere Tage hintereinander zu verreisen, weil schon die 13-Jährigen in den Ferien Geld verdienen müssen, um für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen.

Projekthintergrund

tumb RomaniaDie Kleinstadt Caransebeș (ca. 30.000 Einwohner) liegt etwa 100 Kilometer südöstlich von Timisoara an dem Fluss Timis in der historischen Region Banat und dem heutigen Kreis Caras-Severin.
Die wirtschaftliche und soziale Situation in Caransebeș ist seit Jahren angespannt und die Arbeitsmarktsituation ist schlechter als zum Beispiel in der Nachbarstadt Lugoj. In Caransebeș gibt es daher besonders viele Familien, die keine Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Kinder, deren Eltern arbeitslos sind, leben häufig unter schlechteren Bedingungen als Kinder im Heim. Ihre Ernährung ist meist sehr unzureichend und nicht ausgewogen.
Die Lebensmittelpreise sind mit denen in Deutschland vergleichbar, saisonales Obst und Gemüse kann zeitweise preiswerter sein. Die Energie- und sonstigen Kosten für den Lebensunterhalt steigen stetig.
Viele der benachteiligten Familien leben in Abbruchhäusern oder Bauruinen, ehemaligen Ställen oder Bretterbuden ohne Wasseranschluss oder Elektrizität. Eine Möglichkeit, Lebensmittel zu kühlen, gibt es nicht. Wenn die Notunterkunft von der Kommune zugewiesen wird, muss für eine solche Unterkunft von der Sozialhilfe eine Miete gezahlt werden.
Nicht wenige junge Schulkinder werden von ihren Eltern zum Betteln geschickt, da sich vom erbettelten Geld wenigstens das tägliche Brot bezahlen lässt. Oft sieht man Menschen, auch Kinder, die sich Lebensmittel aus dem Abfall suchen. Kinder, die betteln, gehen meist nicht zur Schule. Auch der Mangel an ausreichender Bekleidung und an notwendigem Lernmaterial kann ein Grund dafür sein, nicht zur Schule zu gehen. Die Abwesenheit von der Schule wird weder von den Lehrern noch von den Eltern besonders beachtet.
Eine weitere Schwierigkeit für die Menschen in Rumänien ist die schlechte medizinische Versorgung. Es gibt zwar ein staatliches Gesundheitssystem mit so genannten Familienärzten – diese haben aber derart geringe Einkünfte, dass sie von den Patienten ein zusätzliches „Honorar“ erwarten. Das bedeutet, dass der, der nicht bezahlen kann, auch nicht behandelt wird. Der neue Staatspräsident Klaus Johannis bemüht sich seit seinem Amtsantritt im November 2014, diese korrupten Strukturen zu bekämpfen.

Projektgeschichte

Das Projekt „Unterstützung beim Lernen“ existiert seit September 2002. Es ist aus einer Rumänienhilfsaktion mehrerer Ratinger Familien entstanden, die seit 1990 – motiviert durch die Berichte über die menschenunwürdige Situation in rumänischen Kinderheimen nach dem Sturz Ceausescus – versuchten, durch materielle und ideelle Hilfe die soziale und wirtschaftliche Situation zuerst in den Heimen und später von armen Familien in Caransebeș zu verbessern. Durch diese Hilfsinitiative entstanden in Caransebeș Kontakte, die letztlich zum Aufbau des „Hausaufgaben-Projektes“ durch zwei pensionierte Sozialarbeiter aus Ratingen führten. Seit 2011 leiten das Projekt mit großem Engagement Mietta und Cosmin Petruta-Iovanovici , die gemeinsam mit Adriana Seitan die Kinder und Jugendlichen betreuen, ihre Familien unterstützen und schon seit 2003 im Projekt mitarbeiten. Ihr Einsatz übersteigt bei weitem die mit drei Euro honorierten Stunden, ist also zu großen Teilen ehrenamtlich.

Rumänien LogoAuf Initiative des Lehrerehepaars besteht seit 2014 ein gemeinnütziger Verein in Rumänien mit dem Namen Asociatia Ajutorul Copiilor pentru Viata oder auf Deutsch „Kinderhilfe für das Leben“. Er ist offiziell eingetragen und kann damit Förderbeiträge für das Projekt einnehmen. In Rumänien hat jeder steuerpflichtige Bürger die Möglichkeit, zwei Prozent der 16-Prozent Lohnsteuer zugunsten eines sozialen Projektes zu spenden, welches er oder sie selbst bestimmt. Die Projektmitarbeiter konnten schon 30 Menschen aus ihrem Bekanntenkreis für eine kontinuierliche Unterstützung durch eine solche Abgabe gewinnen. Da die Gehälter der rumänischen Spender/innen sehr niedrig sind (im Schnitt etwa 200 Euro), wird eine vollständige finanzielle Unabhängigkeit des Projektes von Spenden aus Deutschland erst in fernerer Zukunft möglich sein.

Hier können Sie die letzten sechs Projektberichte herunterladen

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