Eine Schule für die Kinder, Qualifizierung für die Lehrer

justiceF/step by step e.V. und Afrika e.V. ermöglichen eine Ganztagsschule für acht Dörfer in Tschad

Etwa 6.000 Menschen leben in den Dörfern Kaba, Mandang, Kaga, Wolo, Guiditi, Ngarmbang-Te sowie Koumaye 1 und 2 in der sous-préfecture Goundi im Süden des Tschad in Zentralafrika. In diesen acht Siedungen leben die Menschen fast ausschließlich von Subsistenzwirtschaft. In der ganzen Region gibt es kaum eine vom Staat finanzierte Schule. Die Analphabetenrate ist sehr hoch. Kaum jemand ist des Lesens und Schreibens kundig, die Kinder werden häufig in Hütten oder unter Bäumen unterrichtet von Erwachsenen, die selbst "nur" die Grundschule beendet haben.

Projektziele

Diese schulische Situation zu verbessern ist das Ziel eines Schulbauprojekts, das justiceF gemeinsam mit dem Afrika e.V. aus Münster und dem step by step e.V. durchgeführt hat. Durch die Eigeninitiative der Bevölkerung der Dörfer und die Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) in Höhe von über 35.000 € ist im Oktober 2005 ein Schulgebäude eröffnet worden, das den zentralen Bestandteil des Projekts darstellt. In dem Gebäude können bis zu 180 Schüler/innen zur gleichen Zeit unterrichtet werden.

Projektträger vor Ort ist die Organisation MASRA, die Association des Parents d'Elèves de Koumaye 1 et des villages environnants, eine Nichtregierungsorganisation unter dem Vorsitz des Präsidenten Emile Nanasrabaye. MASRA hat es sich in erster Linie zur Aufgabe gemacht, die Grundbildungssituation der Kinder (v.a. der Mädchen) und die Alphabetisierung der Erwachsenen (insbesondere der Frauen) deutlich zu verbessern.

Dies ist angesichts der schlechten Lebens- und Bildungssituation der Bevölkerung in den Dörfern wichtig. Es ist aber auch darum dringend geboten, weil sich die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen im Umfeld der Dörfer durch die vor einigen Jahren begonnene Erdölförderung rapide verändern. Es werden fruchtbare Felder zerstört, die Versorgung mit Nahrungsmitteln wird gefährdet und bestehende Familien- und Dorfstrukturen sind Veränderungsprozessen unterworfen. Die Verbesserung der Grundbildung soll zur Erhöhung des Selbstbewusstseins und der Eigenständigkeit der Menschen beitragen und ihre persönlichen und familiären Lebensbedingungen auf eine chancenreichere Grundlage stellen. Dazu gehört auch, die in einigen afrikanischen Ländern ausgeprägte Landflucht zu verringern.

Bausteine des Projekts

Auf einem fünf Hektar großen Gemeindegrundstück ist ein Schulgebäude mit drei Klassenräumen und einem Lehrer- und Lagerzimmer entstanden. Die Ziegel für den Schulbau wurden in Eigeninitiative der Dorfbevölkerungen unter Anleitung von MASRA hergestellt. Im Rahmen des Projekts, das am 30.06.2006 endete, ist zudem eine Fotovoltaik-
anlage
auf dem Dach der Schule installiert worden. Für die Schulung einiger Dorfbewohner, die die Anlage technisch unterhalten, hat justiceF in der 2. Jahres-
hälfte 2006 nochmal etwa 900 Euro beigesteuert. Die Versorgung mit Elektrizität sorgt dafür, dass das neue Gebäude auch nach Einbruch der Dunkelheit von Erwachsenen für Alphabetisierungs- und Weiterbil-
dungsklassen
(Weiterverarbeitung lokaler Produkte, Gesundheitserziehung) genutzt werden kann.


Die Schule wurde durch die Mitarbeit der Dorfbevölkerung gebaut.
Das fertige Schulgebäude
Projektleiter Abbé Anselme Lubahondé, Generalvikar der Diözese Sarh
Die Klassenräume sind mit Sitzbänken für jeweils 60 Kinder ausgestattet.
Die Bevölkerung der umliegenden Dörfer bei der Eröffnung im Oktober 2005.

Emile Nanasrabaye, Präsident von MASRA.

Der Brunnen verbessert die Trinkwasserversorgung der Schüler/innen und ermöglicht den Anbau von Obst im schuleigenen Garten.

Schließlich ist neben der Schule ein Brunnen für die Versorgung der Schulkinder mit Trinkwasser entstanden. Er dient auch der Bewässerung des Schulgartens, der neben dem Gebäude angelegt worden ist. Der Schulgarten hilft bei der Ausbildung der Schüler/innen mit Blick auf den Gemüse- und Obstanbau, dessen Erzeugnisse sie auch selbst verzehren können. Er wird unter der Leitung von MASRA jedoch hauptverantwortlich von den Dorfgemeinschaften bearbeitet, um mit dem Einkommen aus dem Verkauf der Erzeugnisse teilweise die Gehälter der Lehrer zu bezahlen, die der tschadische Staat erst nach einer Periode von zwei Jahren des laufenden Schulbetriebs übernimmt. Mit diesen Einrichtungen soll die Schule in Koumaye zukünftig eigenständig unterhalten und die finanzielle Unabhängigkeit sichergestellt werden.

Um eine Verbesserung der Schul- und Bildungs-
qualität
hat sich der Afrika e.V. aus Münster durch die Sicherstellung von Lehrerqualifizierung in einem kirchlichen Fortbildungszentrum in der Regionalhaupt-
stadt Sarh bemüht.

Insgesamt konnten vier Lehrer grundständige Fortbildungsmaßnahmen besuchen, was einen deutlichen Beitrag zur Verbesserung des Unterrichts in der neuen Schule leisten sollte. Die Mittel für diese Fortbildungen sind durch den Weihbischof Ostermann im Bistum Münster sowie von der Fachstelle Mission - Entwicklung - Frieden des Generalvikariats Münster bereit gestellt worden. Weiterhin hat die Weltbank im Jahr 2005 einen kurzfristigen Beitrag zur Ausbildung des qualifizierten Lehrpersonals geleistet.

Der Generalvikar der Diözese Sarh und Pfarrer der Gemeinde Ste. Annonciation in Goundi, Curé Anselme Lubahondé, hat vor Ort als Projektleiter fungiert und den Bau der vorgestellten Infrastruktur in erfahrener und verlässlicher Weise sichergestellt. Da die Grundschule im Ort von Eltern verschiedener Religions- und Konfessionszugehörigkeiten getragen wird, trägt das Projekt auch zu einer Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen bei.

Zum Hintergrund des Projekts

In Tschad leben etwa 10 Millionen Menschen (Schätzung Mitte 2005). Die Hälfte dieser Menschen ist 16 Jahre alt und jünger. Der Zugang zu Bildung und Zukunftschancen ist für die Mehrheit der Bevölkerung darum von herausragender Bedeutung. Die Bevölkerung setzt sich aus etwa 200 ethnischen Gruppen zusammen: Während sie im Norden und in Zentraltschad mehrheitlich dem muslimischen Glauben (insgesamt ca. 51 Prozent) angehört, ist der Süden vor allem durch christliche (35 Prozent) und animistische (sieben Prozent) Religionszugehörigkeit geprägt. Neben Französisch und Arabisch als offiziellen Landessprachen wird im Süden des Tschad außerdem Sara gesprochen.

Tschads Wirtschaftsstruktur ist vor allem durch Landwirtschaft geprägt. Über 80 Prozent der Bevölkerung betreibt Subsistenzlandwirtschaft und Viehzucht. Die wirtschaftliche Situation des Tschads ist durch die in Zentralafrika "eingeschlossene" Position des Landes bestimmt und der u.a. damit in Zusammenhang stehenden hohen Kosten für Grund- und Investitionsgüter (z.B. Lebensmittel, Energie, Telekommunikation). Anhaltende politische Instabilität trägt zur schwierigen wirtschaftlichen Situation des Landes bei. Hinsichtlich Investitionen in den öffentlichen oder privaten Sektor ist Tschad in aller Regel auf Entwicklungshilfemittel und Fremdkapital angewiesen.

Seit dem Jahr 2000 fließen in großem Stile ausländische Direktinvestitionen (FDI's) nach Tschad, was v.a. mit der Ausbeutung der Ölfelder im Süden des Landes zu tun hat. Die Ölvorkommen dort werden auf etwa eine Million Barrel geschätzt, insgesamt liegt der Ölreichtum Tschads doppelt so hoch. Seit 2004 wird Öl exportiert, womit das gegenwärtig hohe Wirtschaftswachstum von etwa 14 Prozent erklärt werden kann.

Mit einer Lebenserwartung von durchschnittlich 44,7 Jahren, einer kombinierten Bruttoeinschulungsrate für den Bildungssektor von 35 Prozent und einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 1.020 US$ (alle Zahlen f. 2002) liegt Tschad auf Rang 167 von 177 erfassten Ländern im Bericht über die menschliche Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP).

Weiterführende Informationen zu dem Projekt können Sie per Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erfragen.

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